Ein Lehrbienenstand am Rande der Stadt
Wer das
"Pädagogische Zentrum für Natur und Umwelt" in Cottbus besucht, stößt auch hier auf einen Bienenstand. „Hier gehen keine Bienen in die Lehre, hier können Interessierte alles rund um die Bienen lernen“, – verrät Imker Ulrich Meier. Zum Lehrer in Sachen Bienen wurde er (nicht nur) durch Zufall. Nachdem er seinen Beruf als Bauingenieur aus gesundheitlichen Gründen früh- zeitig an den Nagel hängen musste, erfüllte er sich seinen Kindheitstraum von eigenen Bienen und eigenem Honig. Als 2009 ein Wechsel in der Führung des Lehrbienenstands auf dem viel genutzten Gelände anstand, musste Ulrich Meier nicht lange gebeten werden. Schließlich waren seine Kinder bereits flügge und die Weitergabe eigenen Wissens schien ihm eine reizvolle Aufgabe, zumal ihm der Umgang mit Bienen samt Honigverzehr neue Kraft verlieh.
„Wichtig ist, der Jugend Werte zu vermitteln. Es müssen ja gar nicht alle Imker werden. Wenn die Kinder Verständnis für Bienen entwickeln und einen rücksichtsvollen Umgang mit unserer Natur erlernen, werden sie auch später sorgsam mit diesen wertvollen Gütern umgehen“ hofft Meier.
„Kinder sind offen für ihre Umwelt und nehmen das an, was wir ihnen vorleben. Wenn schon die Eltern aufdringliche Wespen für Bienen halten – wie sollen es dann die Kinder besser wissen?“ Schließlich spricht er aus Erfahrung: Während er als Kind bei der Obsternte auf den nahegelegenen Obstplantagen seines Heimatortes half, betrachtete er ganz verzückt die vielen bunten Kästen im reetgedeckten Bienenhaus und weiß seitdem: Ohne Bienen gibt es kein Obst.
Etwas unheimlich war es schon. Es gab die strenge Anweisung, die Bienen nicht zu stören. Doch wenn der Imker kam und die Tür öffnete, gab es für den kleinen Uli kein Halten mehr: „Ein lieblicher Geruch von Honig und Wachs durchströmte den Raum als ob es schon Weihnachten wäre. Die Beengtheit zwischen den Holzwänden, das Schatten werfende Licht der schon tief stehenden Sonne, das deutlich vernehmbare Summen der Bienen und die absolute Ruhe, die der Imker verströmte, machten jeden Besuch zu einem kleinen Abenteuer.
„Diese Faszination“, so Meier, „ließ mich nie wieder los. Doch je mehr
ich über Bienen lernte, desto mehr wurde mir bewusst, wie wenig ich doch weiß. Heute nehme ich die Natur noch viel intensiver wahr – den Duft oft unscheinbarer Blüten oder das Zwitschern unserer reichhaltigen Vogelwelt.“
Regelmäßig kommen Klassen der umliegenden Schulen in das Pädagogische Zentrum für Natur und Umwelt. Mit den Garten-Pädagoginnen entdecken sie hier, wie Kopfsalat entsteht, wo Äpfel wachsen, wann Erdbeeren und Tomaten reifen.
Wie Honig in das Glas gelangt, das zeigt ihnen der Imker. Meist Staunen die Schüler noch, wenn ihnen eine Biene ohne zu pieksen über die Hand krabbelt. Die Augen werden noch größer, wenn sie an der Honigschleuder kurbeln dürfen und
plötzlich die goldgelbe Masse aus den Waben spritzt. Damit die Schüler das nicht so schnell vergessen, dürfen sie ein Glas Honig behalten.
Beim Abwiegen sind dann alle ganz genau: Sie passen auf, dass keiner auch nur ein Gramm zu viel mit nach Hause nimmt. Doch wenn Ulrich Meier wie ein Zeremonienmeister eine Königin krönt, herrscht etwas, was manche Lehrer von ihren Schülern sonst nicht kennen – atemlose Stille.
Doch manchmal wünscht sich der Imker schon, dass die Schüler besser vorbereitet zu ihm kämen. Er hofft, dass die Lehrer die Eindrücke im Nachhinein mit den Schülern vertiefen. Denn Bienen sind ein gutes Beispiel für die Abläufe und Gesetzmäßigkeiten in der Natur. Nicht nur der Biologieunterricht könnte von Beobachtungen an Bienen profitieren, auch der Mathematik-, Physik- und Chemie-Unterricht ließe sich nach Meinung des Fachmanns mit dem durchaus
vorhandenen naturkundlichen Forscherdrang lebhafter gestalten – sogar der Kunst-Unterricht und die Informatik. Für diesen Zweck wünscht sich
Meier eine elektronische Stockwaage mit Wetterstation und Daten-Fernübertragung. „Damit würden sich ganz neue Anwendungsbereiche im Unterricht ergeben. Mit selbst gewonnenen realen Daten ließen sich beispielsweise Berechnungen in Excel durchführen oder Diagramme erzeugen“,
wirbt er für sein Anliegen.
Angetan davon, wie sich Kinder und Jugendliche für die Natur begeistern lassen, plant Ulrich Meier, eine Arbeitsgemeinschaft Junge Imker zu gründen. Schließlich könnte er auch hier aus Erfahrung schöpfen. Diese Begeisterung ist ansteckend.
Gern vermittelt Ulrich Meier heute Neu-Imkern sein Wissen. Dafür stehen ein Dutzend Bienenvölker in unterschiedlichen Behausungen (Beuten) samt den erforderlichen Gerätschaften bereit. Wer noch keine Imkerkleidung hat, dem kann geholfen werden. So geht es nach einem einführenden Theorieteil zu den Bienen, um den praktischen Umgang mit den Tieren zu erlernen.
Damit das möglichst authentisch funktioniert, werden die Termine grob geplant und je nach Entwicklung der Bienenvölker sowie der Pflanzen vor Ort samt der passenden Witterung wenige Tage zuvor telefonisch oder per Mail konkretisiert. Denn auch das will Ulrich Meier den Neuen gleich mitgeben: Erfolgreich imkern bedeutet, das Richtige zum richtigen Zeitpunkt zu tun. So
vorbereitet bleiben die meisten dabei. Der Cottbusser Imkerverein wächst.
Quelle: Broschüre "Blütezeit in der Mark"